Ariel Ramirez: Misa Criolla

Anfang der 50er-Jahre war der argentinische Pianist und Komponist Ariel Ramirez durch das Nachkriegseuropa gereist und von der Begegnung mit zwei deutschen Nonnen, die während der Nazizeit KZ-Häftlinge heimlich mit Essen versorgt hatten, besonders beeindruckt. Die "Misa Criolla" sollte ein Dank an all jene Menschen sein, die den jungen Musiker während seiner europäischen Wanderjahre unterstützt hatten.

„Ich nahm mir vor, ein religiöses Werk zu komponieren, das die Hoffnung der Menschheit auf eine bessere Welt ausdrücken sollte" - nicht weniger als das beabsichtigte Ramirez mit seiner 1964 in Buenos Aires erstmals aufgenommenen „Misa Criolla". In der „Kreolischen Messe" wurden die liturgischen Elemente in spanischer Sprache gesungen - nicht mehr auf Latein. Das Kyrie, Gloria, Credo, Sanctus und Agnus Dei bekamen jeweils einen anderen Rhythmus südamerikanischer Folkloremusik. Die erste Einspielung wurde bereits ein riesiger Verkaufserfolg. Seit damals trat das geistliche Werk, das in bewegender Weise Freude, Trauer und religiöse Anbetung ausdrückt, seinen internationalen Siegeszug an. Eine der bekanntesten Interpretationen der „Misa Criolla" stammt von José Carreras, in dessen Fußstapfen in dieser Aufführung sozusagen Mario Lerchenberger tritt.

Bob Chilcott: A Little Jazz Mass

Die 2004 entstandene „A Little Jazz Mass“ von Bob Chilcott ist eine originelle und effektvolle Auslegung der lateinischen Missa brevis, deren unterschiedliche Teile verschiedene Jazzstile zugrunde liegen.

Das Kyrie groovt, das Gloria swingt, das Sanctus gibt sich tiefenentspannt, das Benedictus summt flockig dahin und das Agnus Dei bezieht seine Inspiration aus dem Blues.

Bob Chilcott, der als Mitglied der berühmten Vokalformation „King´s Singers“ mit vielen Jazzgrößen in Berührung kam und so seine Liebe zu dem Genre entdeckte, unterlegt die swingenden Singstimmen mit einer charaktervollen Jazztriobegleitung.

Eine Kritikerrezension beschreibt treffend, was dieses musikalische Kleinod beim Hörer auszulösen vermag:

„I would prefer not to be in the audience for a performance of this, but only because I'd want to be taking part instead.“

Spirituals:

I´m Gonna Sing - Steal Away - You Better Mind - Soon ah will be done - Wade in the Water - Deep River - Music in my Soul

In den rund 250 Jahren der Sklaverei wurden etwa 10 Millionen Schwarze nach Amerika verschleppt. Das ist der unfassbare, tragische Ausgangspunkt für all die überlieferten Spiritualtexte, die vielfach religiösen Inhalts sind und von dem Leben geschlagener, geschundener und sehnsüchtiger Menschen erzählen. Die Texte drücken die Hoffnung dieser Menschen und ihren Glauben an Gott aus. Die sehr emotionalen Spirituals beschreiben Situationen aus dem Alten Testament, die denen der Sklaven ähneln. Sie identifizierten sich besonders mit dem „erwählten Volk“ Israel, das aus der Gefangenschaft fliehen konnte, da diese Analogie hilfreich war, sich mental gegen die Abwertung durch das Sklavereisystem zu wehren.